Lennart Rogenhofer, Chief Climate Officer von Losinger Marazzi

 

Lennart Rogenhofer, Chief Climate Officer von Losinger Marazzi, über die Vorteile nachhaltigen ­Bauens und den daraus entstehenden Mehrwert für Unternehmen wie Investoren.


Herr Rogenhofer, die Schweiz will bis 2050 klimaneutral sein. Das erfordert ambitionierte Massnahmen. Um den Bedürfnissen der aktuellen und kommenden Generationen gerecht werden zu können, engagiert sich Losinger Marazzi seit vielen Jahren in Sachen Nachhaltigkeit und hat Sie aus diesem Grund zum Chief Climate Officer ernannt. Was war die Intention für diese neugeschaffene Position? 

 

In Anlehnung an die Klimastrategie 2050 des Bundes hat sich Losinger Marazzi verpflichtet, bis 2030 im Vergleich zu 2021 die CO2-äquivalenten Emissionen in unseren Projekten um 30 Prozent zu reduzieren. 

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Diese Ziele sind seit November 2023 von der Science Based ­Targets Initative (SBTi) zertifiziert. Diese Ambitionen und Ziele im Bereich Klima sind mit hohen Herausforderungen verbunden und erfordern eine spezifisch angepasste Organisation. Dementsprechend wurde meine Funktion geschaffen, um unsere Handlungen im Bereich Nachhaltigkeit besser zu orchestrieren, zu dokumentieren und zu messen, aber auch um intern von Best Practices zu profitieren und in unseren Firmenprozess zu integrieren. Das Ziel ist einfach formuliert: Wir wollen Mehrwert bieten für Investor:innen, Nutzer:innen und die Gesellschaft.


Welche Themenfelder kommen beim nachhaltigen Bauen künftig auf die Agenda?

Bei Losinger Marazzi leben wir schon seit Langem eine Kultur des nachhaltigen Bauens. In der Vergangenheit lag der Fokus auf nachhaltigen Quartierentwicklungen wie das Greencity oder Eikenott und der nachhaltigen Zertifizierung von Gebäuden, heute stehen auch Themen wie die Stadterneuerung, Klimaresilienz, Biodiversität und Kreislaufwirtschaft im Zentrum unserer Tätigkeit. Nun möchten wir mit einem besonderen Fokus auf Lebenszyklusemissionen nochmals einen Schritt weiter gehen. 


Welche Vorteile bringt ein auf Nachhaltigkeit ausgerichtetes Gebäude zukünftigen Investoren?

Mal abgesehen davon, dass es sich bei der Reduktion der CO2-Emissionen um eine gesellschaftliche Pflicht handelt, können nachhaltige Massnahmen diverse Kostenvorteile bieten. Zum Beispiel, wenn es um die Langlebigkeit der Materialien, effizientes Design oder verdichtetes Bauen geht. Hinzu kommt, dass gewisse Faktoren, wie tiefe CO2-Emissionen im Betrieb oder eine PV-Anlage auf dem Dach, von vielen Mieterinnen und Mietern heute als Standard erwartet werden. Wir denken als Unternehmen langfristig und erarbeiten für unsere Kunden Projekte, die auch in Jahrzehnten den Anforderungen der Nachhaltigkeit, aber auch den Bedürfnissen der Endnutzer heute und morgen gerecht werden. Dann ist auch der Weiterverkaufswert einer Immobilie besser gesichert und langfristig erhalten.


Können Sie uns ein paar Kriterien nennen, auf die Sie bei Baustoffen besonders achten?

Bei der Wahl der Baustoffe gibt es natürlich eine ganze Reihe an Kriterien. Wenn man das Ganze aus Sicht der CO2-Emissionen anschaut, betrachtet man zuerst das nachhaltige Design des Gebäudes. Die Kernidee ist einfach, mit weniger Baustoff den gleichen Nutzen zu erfüllen. Dabei gilt das Motto «Das richtige Material am richtigen Ort». Anschliessend gibt es weitere einflussreiche Themen wie zum Beispiel den Fertigungsprozess der Materialien oder sogar die Materialwahl selbst. Möglichst viel Baustoff wird regional bezogen. Das ist nicht nur für die CO2-Reduktion relevant, sondern auch, um die lokale Wirtschaft zu unterstützen. 

 

Wie gelingt es Ihnen ganz konkret, bei den Emissionen Einsparungen zu generieren?

Wir kombinieren diverse Ansätze. Sämtliche Bauteile werden beispielsweise auf ihre Effizienz und auf allfällige ökologischere Alternativen geprüft. Nehmen wir das Beispiel der Materialisierung der Innenwände: Erstellt man nichttragende Innenwände im Leichtbau statt in Beton, ergibt sich eine CO2-Reduktion von etwa 50 Prozent auf Ebene des Bauteils. Das ist schon bedeutsam. In derselben Grössenordnung liegen die Einsparungen, wenn statt einer Beton-Putz-Fassade eine Holzfassade realisiert wird. Ersetzt man die üblicherweise in Beton ausgeführten Innenwände im Untergeschoss durch Kalksandstein, hat dies eine CO2-Einsparung von rund 40 Prozent zur Folge. 
Ebenfalls wirkungsvoll ist ein ausgewogener Fensteranteil, der die Nutzung von Tageslicht ermöglicht und die Wärmegewinne respektive -Verluste im Winter optimiert. Wichtig dabei ist, dass nicht jede Lösung auf jedes Projekt passt. Aber über diese Herangehensweise können wir analysieren, welche Massnahmen aus Pilotprojekten als Standards für andere Gebäude dienen können. Die umgesetzten wie auch die untersuchten Reduktionshebel fliessen deshalb in einen Massnahmenkatalog ein, der als Basis für alle zukünftigen Projekte gilt.

 

Projekt BERN 131

An der Stauffacherstrasse 131 in Bern entwickelt und realisiert Losinger Marazzi ein Dienstleistungsgebäude im Hybrid-Holzbau nach SNBS Gold Standard. Der Bezug für die Mieterausbauten ist für Februar 2025 geplant. Das Projekt mit fünf oberirdischen Geschossen ersetzt die bisherige eingeschossige Logistikhalle. Die gesamte Geschossfläche beläuft sich auf ca. 21’000 Quadratmeter. Die dreieckige Parzelle wird durch den durchdachten Grundriss effizient ausgenutzt. Der nachhaltige Holz-Hybridbau mit seiner Eigenstromproduktion und dem innovativen und energie­effizienten Haustechnikkonzept – in Verbindung mit einer Wärmepumpe mit Erd­wärme – ermöglicht dem Gebäude eine reduzierte CO2-Bilanz und einen reduzierten Energiebedarf im Betrieb.